Gesellschafterabfindung

Am Anfang schon ans Ende denken? 3 Grundregeln für eine angemessene Abfindung im GmbH-Gesellschaftsvertrag

Ein Start-up ist schnell gegründet. Man hat motivierte Gesellschafter und eine Idee. Über das Geschäftsmodell ist man sich schnell einig. Man geht zum Notar, jeder leistet seine Einlage und die GmbH ist ins Leben gerufen. Los geht‘s! Was viele vergessen: Schon zu Beginn der Gesellschaft sollte man sich auch über das Ende Gedanken machen. Was passiert zum Beispiel, wenn ein Gesellschafter ausscheidet? Wie verhält es sich mit der Abfindung in der GmbH

Je früher man das regelt, desto besser. Wenn es ums Geld geht, können sich auch die besten Freunde überwerfen. Wenn in so einer Situation die Emotionen überkochen, ist es schwierig, eine Lösung zu finden. Regeln für ein Ausscheiden aus der Gesellschaft sollten darum schon im Gesellschaftsvertrag oder -vereinbarung stehen. Wenn man diese drei Grundregeln beachtet, kann man Streitigkeiten und teure Gerichtsverfahren vermeiden.

Inhaltsverzeichnis

1. Existenzsicherung vor Eigennutz

1.1 Ausscheiden eines Gesellschafters aus der GmbH

Die Gesellschafter sollten sich eines klar machen: Scheidet ein Gesellschafter aus, kann die Gesellschaft unter Umständen nicht weiter existieren. Das ist dann der Fall, wenn feste oder zu hohe Abfindungsansprüche durch die verbleibenden Gesellschafter oder Gesellschaft nicht geleistet werden können. Zum Beispiel, da die notwendige Liquidität fehlt den ausscheidenen Gesellschafter „auszubezahlen“. Dem sollte man entgegenwirken.

Die Existenzsicherung der Gesellschaft sollte immer vor den Eigennutz des einzelnen Gesellschafters stehen. Eine Abfindungszahlungen ist sofort fällig. Daher sollte darüber nachgedacht werden den Abfindungsbetrag über einen gewissen Zeitraum zu stunden. Ggf. ist der scheidende Gesellschafter auch bereit einen Teil oder den ganzen Abfindungsbetrag für eine gewisse Zeit als „verzinsliches“ Darlehen im Unternehmen zu lassen. Gerade in Zeiten von „Niedrigzinsen“ und „Anlagenotstand“ kann dies für beide Seiten attraktiv sein.

PRAXISHINWEIS:

Zu beachten ist hierbei allerdings, dass der ausscheidende Gesellschafter ggf. das Insolvenzrisiko und auch die steuerlichen Risiken trägt. Dies sollte im Vorfeld ggf. vertraglich und steuerlich absichert werden.

1.2 Nachschussverpflichtung bei wirtschaftlicher Schieflage

Die Existenzsicherung kann auch im Fokus stehen, wenn es zu einer wirtschaftlichen Schieflage kommt. Schnell kann es dann um die Frage gehen,  ob eine positive Fortführungsprognose i. S. v. § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO für die Gesellschaft sichergestellt werden kann.  In diesem Fall kann es notwendig sein, dass das Eigenkapital erhöht werden muss, um sich z.B. Kreditlinien zu sichern oder einfach nur Vollstreckungsmaßnahmen zu verhindern.

Was aber, wenn sich ein Gesellschafter hieran nicht beteiligt und eine notwendige Kapitalmaßnahme blockiert und somit eine Insolvenzanmeldung unumgänglich würde?

Um dies zu verhindern, sollte man auch diesen Punkt unter den Gesellschaftern regeln. In den Gesellschaftervertrag oder –vereinbarungen gehört der Punkt, dass alle Gesellschafter die Möglichkeit haben in einen solchen Fall an einer Kapitalerhöhung teilzunehmen. Nicht teilnehmende Gesellschafter müssen dabei allerdings die „Verwässerung“ der Anteile in Kauf nehmen und dürfen eine notwendige Kapitalerhöhung nicht blockieren dürfen.

2. Anteilsverkauf nur durch Zustimmung der übrigen Gesellschafter

Was passiert, wenn ein Gesellschafter das Unternehmen verlassen will und bereits einen Käufer für seinen Anteil gefunden hat? Vielleicht sogar einen Konkurrenten?

Die Abtretung eines GmbH-Anteils ist in §15 GmbH-Gesetz geregelt.  Um das Szenario des „unkontrollierten Verkaufs“ auszuschließen, sollten die verbleibenden Gesellschafter die Möglichkeiten des §15 Abs.5 GmbH-Gesetz nutzen und die Abtretung von Gesellschaftsanteilen an weitere Voraussetzungen knüpfen.

Sie könnten zum Beispiel festlegen, dass Anteile nur verkauft werden dürfen, wenn die Gesellschafterversammlung zustimmt. Auch hier ist es sinnvoll, die Regeln vorher festzulegen. Ist  zum Beispiel der abgebende Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung berechtigt mitzustimmen oder ist er ausgeschlossen?

2.1 Vorkaufsrecht

Um den verkaufswilligen Gesellschafter aus der Gesellschaft zu entlassen, kann es sinnvoll sein, im Gesellschaftsvertrag ein Vorkaufsrecht für die verbleibenden Gesellschafter vorzusehen. Diese treten dann nach §463ff. BGB anstelle des vorgesehenen Käufers und sind damit auch verpflichtet, den entsprechenden Kaufpreis zu zahlen. Dies ist jedoch aufgrund der folgenden Umstände in der Regel nicht zielführend:

Für den verkaufswilligen Gesellschafter wird es nahezu unmöglich sein, einen Käufer zu finden, der sich der Unsicherheit des Vorkaufsrecht der übrigen Gesellschafter aussetzt. In der Regel wird er sich schon vorher eine Zusicherung der übrigen Gesellschafter geben lassen. Falls doch ein Käufer gefunden wird, so kann dies zu überhöhten Kaufpreisen führen. Wettbewerber zahlen möglicherweise einen überhöhten Preis, nur um einen unliebsamen Konkurrenten loszuwerden. Die verbleibenden Gesellschafter müssten bei einem Vorkaufsrecht diese Marktprämie des Konkurrenten begleichen, ohne die gleichen Vorteile zu haben.

2.2 Andienungsrecht

Besser als ein Vorkaufsrecht ist ein Andienungsrecht. Bei diesen legt man im Gesellschaftsvertrag fest, dass der Geschäftsanteil zunächst den bestehenden Gesellschaftern angedient werden muss.  Erst wenn diese Andienung scheitert, ist ein Verkauf an einen Dritten möglich. Auch hier ist es ratsam die „Spielregeln“ vorher festzulegen.

Zum Beispiel:

  • In welchem Zeitraum müssen sich die Gesellschafter zum Erwerb äußern?
  • Erfolgt die Übernahme quotal, also nach den Anteilen der bisherigen Beteiligung oder nach einem anderen Maßstab, z.B. nach Köpfen, ect.?

2.3 Mitverkaufsrechte und Mitverkaufsverpflichtungen

Weitere Möglichkeiten sind die Vereinbarung von Mitverkaufsrechten bzw. Mitverkaufsverpflichtungen.

Mitverkaufsrecht (tag along)

Beim Mitverkaufsrecht (englisch:  „tag along“) räumen sich die übrigen Gesellschafter das Recht ein, ebenfalls an den potentiellen Käufer verkaufen zu können. Hierbei gelten für sie dieselben Konditionen, wie für den verkaufswilligen Gesellschafter. Dies schützt die übrigen Gesellschafter davor, ggf. mit einem unliebsamen Gesellschafter zusammenarbeiten zu müssen. Es kann jedoch den „Deal“ als Ganzes verhindern, falls der potenzielle Käufer kein Interesse an einer Anteilsaufstockung hat.

Mitverkaufsverpflichtung (drag along)

Bei der Mitverkaufsverpflichtung (englisch:  „drag along“) sind alle Gesellschafter verpflichtet bei einem Verkauf Ihre Anteile an einen neuen Eigentümer zu übertragen. Dies wird der Regelfall bei einem EXIT-Szenario sein. Falls nicht anders geregelt, kann dies aber dazu führen, dass schon der Verkauf eines Minderheitenanteils zu einer Mitverkaufsverpflichtung führt. Es sollten daher unbedingt (Anteils-)Grenzen im Gesellschaftsvertrag oder Gesellschaftsvereinbarung getroffen werden, z.B. eine Mitverkaufsverpflichtung erst ab 51% der Anteile.

3. Bewertung der Gesellschafterabfindung – Einfach vor kompliziert

3.1 Abfindung eines GmbH Gesellschafters

Scheidet ein Gesellschafter aus der GmbH aus, stellt sich immer die Frage nach der Abfindung. Zudem stellt sich oft die Frage, ob ein Gesellschafter im Guten geht oder ob es Konfliktpotenzial gibt, da er im Bösen geht. Wie dem auch sei, man ist immer gut beraten dieses Szenario schon zu Beginn der Gründung entsprechend im Gesellschaftsvertrag zu verankern.

Die Bewertung des GmbH-Anteils bei Abfindung

Der Kernpunkt der Abfindung ist immer die Bewertung des Unternehmensanteils. Hier verbirgt sich auch das größte Konfliktpotential, da die Vorstellungen weit auseinanderliegen können:

Derjenige, der ausscheidet, möchte so viel wie möglich bekommen. Diejenigen, die in der Gesellschaft verbleiben, wollen eine möglichst kleine Abfindung zahlen.

Es ist daher wichtig, schon am Anfang die Bewertung in den Gesellschaftsvertrag oder –vereinbarung aufzunehmen. Ist dies geschehen, ist man schon einen großen Schritt weiter. In Gesellschaftsverträgen und -vereinbarungen findet man dabei die unterschiedlichsten Bewertungsverfahren, um den Unternehmenswert zu ermitteln.

Am gängigsten sind:

Wichtig ist es, dass schon bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags alle Beteiligten ein Grundverständnis davon haben, wie sich ein solcher Wert ermittelt. Zum Beispiel, indem man die Unternehmensplanung oder den Business Plan heranzieht. (Siehe hierzu auch den Beitrag: „4 ganz konkrete Maßnahmen, um den Unternehmenswert zu steigern“). Ggf. wird vor der Unternehmenswertbestimmung auch noch eine Due Diligence vorgeschaltet.

PRAXISHINWEIS:

Aufgrund der Komplexität des Themas Bewertung und der oftmals unterschiedlichen Vorkenntnisse der Gesellschafter, wird dieser Punkt oftmals nicht genau genug zwischen den Gesellschaftern besprochen.

Bewertungsklauseln werden in der Praxis durch den Steuerberater oder Rechtsanwalt vorgegeben, ohne auf die Wirkung oder Berechnung einzugehen. Vermeiden SIe diesen Fehler und spielen SIe die Bewertungklauseln für verschiedene Szenarien durch und merken Sie an, wenn SIe die Bewertung nicht verstehen und schärfen Sie im Gesellschaftsvertrag oder -vereinbarung nach.

TIPP I: BEWERTUNGSVERFAHREN

Es kann Sinn machen, zu Beginn der Geschäftstätigkeit ein einfach nachvollziehbares Verfahren zur Abfindung und Bewertung des GmbH-Anteils in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.

Grundsatz:   „Einfach und nachvollziehbar vor kompliziert“.

Ein solches könnte zum Beispiel das Multiplikatorverfahren sein. Bei diesem wird ein aus Marktwerten abgeleiteter Multiplikator auf eine gewisse Finanzkennzahl angewendet, z.B. Umsatzerlöse, EBITDA, EBIT, ect. Der Multiplikator sollte festgeschrieben werden, um Missverständnisse zu vermeiden und alle drei Jahre überprüft werden. Aktuelle Branchen-Multiplikatoren für KMU finden Sie z.B. hier: DUB.  So hat man eine Grundlage, die für alle Beteiligten leicht nachvollziehen können. Bei entsprechendem Wachstum des Unternehmens kann man den Gesellschaftervertrag zu einem späteren Zeitpunkt auf ein gerichtlich anerkanntes Marktwertverfahren ändern, wie das Ertragswertverfahren nach IDW S1.

TIPP II: BESTEHENDE VERTRÄGE

Ist ein Verfahren zur Bemessung des Abfindungsanspruchs bereits im Gesellschaftsvertrag enthalten, so machen Sie sich die Mühe ein Grundverständnis für dieses zu entwickeln und ggf. den Gesellschaftsvertrag an dieser Stelle anzupassen.

Ggf. ist dieses ohnehin nötig, da ggf. noch auf das steuerlich geprägte „Stuttgarter Verfahren“ verwiesen wird, dass aber mittlerweile (seit den 1.1.2009) vom „vereinfachten Ertragswertverfahren“ abgelöst wurde.

4. Fazit

Denken Sie schon bei Gründung der Gesellschaft, wie Sie mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters umgehen wollen und wie Sie die Existenz des Unternehmens sichern.  Denken Sie an ein Andienungsrecht, um als Mitgesellschafter die Kontrolle über das Unternehmen und neue Gesellschafter zu erhalten. Regeln Sie schon jetzt die Abfindung und die Bewertung des GmbH-Anteils beim Ausscheiden aus der Gesellschaft und entwickeln Sie ein Grundverständnis was eine solche Bewertung für Ihren Anteil und für Sie persönlich bedeutet.

Ggf. können Sie auch prüfen, ob es überhaupt einer direkten Beteiligung bedarf oder ob ggf. eine virtuelle Beteiligung oder vESOPS, VSOPs günstiger ist.

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