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Finanzierung für Startups: Wieso ist das Thema SAFE Notes auch in Deutschland relevant?
Im anglo-amerikanischen Rechtsraum ist das SAFE (“Simple agreement for future equity” oder “SAFE Note”) zur Finanzierung von Start-Ups sehr verbreitet. Es ist daher nicht verwunderlich, dass dieses Finanzierungsinstrument auch in Deutschland immer mal wieder im Rahmen von Finanzierungsrunden oder auch im Rahmen der Mitarbeiterbeteiligung auftaucht. Insbesondere wenn US-Amerikanische Investoren beteiligt sind. Wir erklären hier, um was es sich bei dieser Vereinbarung handelt und was die Vor- und Nachteile diese Finanzierungsform sind.
1. Abgrenzung zum Wandeldarlehen & Grundlagen des SAFE
Wandeldarlehen vs. SAFE
Ein SAFE (Simple Agreement for future equity) ist ein Vertrag zwischen einem Unternehmen, meist ein Startup und seinen Investoren. Er ist dem in Deutschland sehr verbreiteten Wandeldarlehen ähnlich, allerdings
- ohne einer Verzinsung und
- keiner Rückzahlung des Darlehensbetrags bei erreichen eines definierten Fälligkeitsdatums.
Aufgrund dieser (für Startups) nachteiligen Punkte des Wandeldarlehens wurde das SAFE durch den amerikanischen Startup-Accelerators Y Combinator entwickelt und wird vor allem in der Seed-Finanzierung eingesetzt.
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Weitere Informationen zum Thema Wandeldarlehen
Funktionsweise des SAFE
Der Investor stellt dem Startup Kapital zur Verfügung und erhält im Gegenzug das Recht, dieses Kapital in Zukunft in Eigenkapital umzuwandeln (z.B. durch Barkapitalerhöhung oder Umwandlung der Kapitalrücklage). Hierbei werden, wie im Wandeldarlehen, aber schon heute bestimmte Kriterien und Konditionen festgelegt, wie z.B.:
- Bewertungsobergrenze (valuation cap)
- Bewertungsuntergrenze (floor)
- Bewertungsanschläge (discount)
Zusätzlich sind manchmal noch weitere Rechte vorgesehen. Z.B.
- Mitzeichnungsrechte (pro-rata Rechte), die es dem Investor erlauben (kein Verpflichtung) in späteren Runden mitzuzeichnen, um seinen Unternehmensanteil konstant zu halten.
- Meistbegünstiungsklausel (“most favored nation” oder kurz “mfn”). Wenn das Unternehmen in einer späteren Finanzierungsrunde bessere Bedingungen an andere Investoren vergibt (z. B. niedrigere Bewertungen, höhere Rabatte, bessere Liquidationspräferenzen), erhalten die ursprünglichen Investoren das Recht, ebenfalls diese vorteilhafteren Konditionen zu übernehmen. Diese Klausel schützt also die Investoren, sofern vereinbart.
Die Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital bzw. Auszahlung eines Geldbetrages ähnlich wie in virtuellen Optionsmodellen erfolgt bei einem sogenannten Triggering Event, wie beispielsweise einer späteren Finanzierungsrunde, einem Börsengang (IPO) oder einer Übernahme des Unternehmens.
Beispiel - Verschiebung der Bewertung in die Zukunft
Eine Investorin investiert in t0 500.000 EUR in ein Start-up über eine SAFE-Vereinbarung. Zu diesem Zeitpunkt ist noch nicht klar, wie viele Anteile sie erhalten soll. In der nächsten Finanzierungsrunde t1 wird das Startup mit 2.000.000 EUR bewertet (valuation) und die Investition des Investors wird gewandelt, hier 25% (500 TEUR/ 2.000 TEUR).
Natürlich wäre auch ein anderes Ergebnis möglich, wenn in t0 ein vorher festgelegten Preis oder Rabatt für die Anteile vereinbart worden wäre.
Wie immer im Leben gibt es auch beim SAFE Vorteile und Nachteile. Wir stellen diese hier einmal separat für das Unternehmen (Startup) und für die Investoren dar.
2. Vor- und Nachteile von SAFE für das Unternehmen
2.1 Vorteile des SAFE für das Unternehmen
Kein Bewertungsdruck
Die Unternehmensbewertung des Startups wird auf die Zukunft verschoben. Eine Valuation ist insbesondere in der Frühphase eines Unternehmens oft schwierig, wenn nicht geradezu unmöglich. Oftmals liegen noch keinen signifikanten Umsätze vor und das EBIT ist aufgrund der Investitionsphase tief negativ. Durch die Verschiebung auf einen triggering event, erfolgt die Bewertung erst, wenn es eine Marktbewertung durch außenstehende Investoren gibt.
Vereinfachung des Investitionsprozesses durch standardisierte Verträge
Die Verwendung standardisierter Vertragsbedingungen vereinfacht den Prozess und reduziert in der Regel Rechtskosten. Es gilt aber zu bedenken, dass diese Verträge deutschen Recht entsprechen müssen und ggf. auch eine notarielle Beurkundung erfolgen muss. Dies gilt insbesondere, wenn der SAFE Nehmer am Ende Gesellschafter werden soll und echte Anteile im Rahmen des jeweils geltenden Gesellschaftsrecht erhalten soll (siehe hierzu bei der GmbH z.B. §15 Abs.3 GmbHG). Eine vorige Prüfung durch einen Rechtsanwalt ist daher anzuraten.
Flexibilität für Unternehmensinhaber & Gründer
Gründerinnen und Gründer können, ähnlich wie beim Wandeldarlehen, flexibel auf unterschiedliche Finanzierungsbedürfnisse reagieren. Im Gegensatz zum einem Darlehen entällt jedoch der Druck von Zinszahlungen oder Rückzahlungsverpflichtungen.
SAFE kann ggf. wie Eigenkapital behandelt werden
Auch ein SAFE zählt (wie das Wandeldarlehen) zu den mezzaninen Finanzierungsformen, ist also ein Zwitter zwischen Eigen- und Fremdkapital.
Zur Qualifizierung als eigenkapitalähnlich darf der SAFE keine Rückzahlungsverpflichtung erhalten (ansonsten Bilanzierung als Fremdkapital) und nuss zusätzlich einen qualifizierten Rangrücktritts im Insolvenzfall enthalten. Also der Vereinbarungen sich als SAFE Inhaber bei (drohender) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung wie ein Eigenkapitalgeber behandeln zu lassen.
2.2 Nachteile des SAFE für das Unternehmen
Fehlende Planbarkeit
Die tatsächlichen Konditionen der Umwandlung hängen von der nächsten Finanzierungsrunde ab, da der SAFE-Preis in der Regel auf Basis eines Discounts oder einer Cap berechnet wird. Ohne eine klare Vorstellung vom späteren Eigenkapitalbedarf könnte die zukünftige Bewertung des Unternehmens unerwartet nachteilig ausfallen.
Unsichere Beteiligungsstruktur (Verwässerung)
Bis zum triggering event, z.B. einer Finanzierungsrunde ist ungewiss, welchen Anteil SAFE-Anteilseigner erhalten und somit wie die Verwässerung der Anteile der Altgesellschafter ausfällt. Insbesondere in Fällen wo die Unternehmensbewertung erheblich unter der cap liegt kann dies zu ungewollten Ergebnissen führen.
Beispiel - Funktionsweise des SAFE & Verwässerung
Business Angel Frau Früh investiert 100.000 EUR mit einem SAFE und sichert sich in t0 einen cap von 2.000.000 EUR Unternehmensbewertung an der NEW Internet Stars GmbH. Zwölf Monate später stellt sich heraus, dass das Unternehmen 20.000.000 EUR wert ist. VC Rakete investiert via Kapitalerhöhung an der auch Frau Früh teilnimmt 6.000.000 und erhält dafür 30% der Anteile:
Schritt 1: Umwandlung des SAFEs
Die SAFE-Investorin Früh konvertiert Ihr Investment basierend auf der Valuation Cap von 2.000.000 EUR.
Anteile des SAFE-Investors:
- SAFE wird zu einer Bewertung von 2.000.000 EUR konvertiert: Anteil SAFE-Investor=100.000 / 2.000.000 = 5 %
- Nach der Umwandlung hält sie 5 % der Anteile.
Zwischenstand nach SAFE-Umwandlung: Die verbleibenden 95 % gehören den Gründern.
Schritt 2: Neue Finanzierungsrunde
Der neue Investor möchte 30 % der Anteile nach der Finanzierungsrunde erhalten.
Anteile der neuen Investoren: Um 30 % der Anteile zu erhalten, wird der Anteil der bestehenden Gesellschafter (Gründer und SAFE-Investor) entsprechend verwässert. Der neue Investor zahlt auf Basis einer Bewertung von 20.000.000 EUR (pre-money).
- Nach der Runde repräsentieren die Anteile der bestehenden Gesellschafter zusammen 70 % der Anteile.
- Die Verteilung dieser 70 % bleibt proportional:
- Gründer: 95 % von 70 % = 66,5 %
- SAFE-Investor: 5 % von 70 % = 3,5 %
Kapital des neuen Investors: Der neue Investor zahlt:
Investment = (30 % Anteil / 70 % (bestehender Wert)) × 20.000.000 = 8.571.429 EUR (post money Bewertung)
Finale Verteilung der Anteile
Nach der Finanzierungsrunde ergibt sich folgende Struktur:
Beteiligter | Anteil (%) | Stammeinlage (EUR) | Post-Money-Bewertung (EUR) |
---|---|---|---|
Gründer | 66,50 % | 16.625 EUR | 13.300.000 EUR |
SAFE-Investor | 3,50 % | 875 EUR | 700.000 EUR |
Neuer Investor | 30,00 % | 7.500 EUR | 6.000.000 EUR |
Gesamt | 100 % | 25.000 EUR | 20.000.000 EUR |
Erkenntnis
- Die Gründer starten mit 100 % und halten nach der Runde nur noch 66,5 % der Anteile.
- Der SAFE-Investor erhält 3,5 % und profitiert von der niedrigen Valuation Cap, da er deutlich mehr Anteile bekommt, als die Bewertung von 20.000.000 EUR eigentlich zulassen würde.
- Der neue Investor zahlt 8.571.429 EUR (post money Bewertung), um 30 % der Anteile zu erhalten.
Die Gründer erleben eine doppelte Verwässerung: durch die SAFE-Umwandlung und die neuen Investoren.
Mögliche Konflikte mit späteren Investoren
Das Beispiel oben zeigt das mögliche Konfliktpotenzial, dass entstehen kann, wenn spätere Investoren die Bedingungen der Frühphasen-Investoren als zu vorteilhaft ansehen und entsprechend Nachverhandlungen fordern, die zu einer weiteren Verwässerung führen können.
Rechtliche und steuerliche Risiken
Wie erwähnt hat sich der SAFE aus dem anglo-amerikanischen Rechtssystem entwickelt und muss somit ggf. auf deutsches Recht angepasst werden. Aufgrund der mangelnden Erfahrungswert mit diesem Instrument kann es zudem zu steuerlichen Risiken kommen, wenn z.B. valuation caps, die z.B. Mitarbeitern gewährt werden als geldwerter Vorteil gewertet werden.
3. Vor- und Nachteile von SAFE für die Investoren
3.1 Vorteile des SAFE für die Investoren
Flexibilität
SAFEs sind flexibel und ermöglichen es Investoren, frühzeitig in ein Unternehmen zu investieren, ohne dass sofort eine Bewertung erforderlich ist. Als Investor kann mich sich somit eher sicher sein, einen Marktwert zu zahlen, als durch eine willkürliche pre-money-Bewertung durch die Gründer, wie es oft im Wandeldarlehen passiert, wenn es nicht zu einer qualifizierten Finanzierungsrunde kommt.
Rabatte & Discounts & Caps
Viele SAFEs beinhalten Rabatte auf zukünftige Finanzierungsrunden. Das bedeutet, dass Investoren früh Anteile zu einem reduzierten Preis erhalten können bzw. nur eine Obergenze (valuation cap) zahlen. Aus diesem Grund ist die SAFE Note, wie bei Wandeldarlehen insbesondere bei frühphasigen Investments beliebt.
Einräumung von Vorteilsrechten
Wie oben dargestellt, kann sich ein Investor bestimmte Vorteilsrechte wie “pro-rata” oder “most favored nation (mfn)” aushandeln.
PRAXISHINWEIS:
Vorteilsrechte sind in der Regel kein Automatismus, sondern müssen durch den Investor explizit ausgehandelt werden. Dafür ist es notwendig, dass man diese Art der Rechte kennt und explizit bei den Vertragsverhandlungen auf diese hinweist.
Das andere Investoren diese nicht ausgehandelt haben, sollte dabei nicht als Argument gelten. Sie sollten daher insbesondere die MFN-Option mit ihn Ihren Vertrag verhandeln, um mit späteren Investoren gleichgestellt zu werden.
3.2 Nachteile des SAFE für die Investoren
Keine Mitbestimmungsrechte
Da es sich beim SAFE um KEIN gesellschaftsrechtliches Konstrukt handelt, haben SAFE-Zeichner keinerlei Gesellschafterrechte. Also keine Stimmrecht oder Kontrolle über Unternehmensentscheidungen, wie z.B. Mitbestimmung über die Besetzung der Geschäftsführung. Die Eingriffsmöglichkeiten in Geschäftsentscheidungen ist somit nicht existent.
PRAXISHINWEIS:
Fraglich ist, ob der Investor Auskunftsrechte hat. Sicherheitshalber sollte daher im SAFE ausdrücklich beschrieben sein, dass man über wesentliche Geschäftsvorgänge, z.B. Geschäftszahlen, Wechsel von Organen oder Updates zu wesentlichen Finanzierungsvorgängen informiert wird.
Wandlungsrisiko
SAFEs werden nur dann in Eigenkapital umgewandelt, wenn ein definierter Trigger-Event eintritt (z. B. eine Finanzierungsrunde oder ein Exit). Sollte keine dieser Bedingungen eintreten, bleibt der Investor in einer unsicheren Position. Erschwerend kommt hinzu, dass es keine klaren Zeitpläne für eine Wandlung gibt (wie z.B. beim Wandeldarlehen) was die Planung für die Investoren erschwert. Im schlimmsten Fall kommt es niemals zu einer Wandlung.
PRAXISHINWEIS:
In der mangelnden Wandlung liegt eines der Hauptrisiken für den Investor, daher wird bei der deutschen GmbH in der Regel Notarpflicht herrschen. Zudem sollte man diskutieren, ob auch die Ausschüttung als zu Zuflüssen beim Investor führen soll, was nicht die Regel ist oder eine Ausschüttungssperre für alle Anteile bis Wandlung des SAFEs gilt.
Ansonsten könnte beim Ausbleiben einer Wandlung zwar die bestehenden Gesellschafter partizipieren, nicht aber die SAFE-Inhaber..
Unklare Bewertung
Der genaue Anteil des Investors wird erst bei einer späteren Finanzierungsrunde oder einem anderen Trigger-Event festgelegt. Bis dahin ist unklar, wie groß der Anteil tatsächlich sein wird. Wenn das Unternehmen z.B. zu einer hohen Bewertung aufnimmt (und keine Valuation Cap oder Rabatte gelten), kann der SAFE-Investor am Ende einen viel kleineren Anteil erhalten als erwartet.
4. Fazit
Zwar ist das Wandeldarlehen nach wie vor das vorherrschende Beteiligungsvehikel bei Frühphasen-Investoren, dennoch kommt es immer mal wieder auch zu einer Beteiligung über das SAFE (Simple Agreement for future equiy). Wer ein solches als Investor zeichnen will, der sollte sich genau mit der Materie beschäftigen. Insbesondere die hier erwähnten Praxishinweise haben hohe Relevanz.
Kein Problem. Wir helfen gerne bei der Prüfung oder Verhandlung.
Dauer: 30 min.